Login  

   

Online  

Aktuell sind 14 Gäste und ein Mitglied online

  • DavidoosJix
   

Ein Brandstifter in den eigenen Reihen - eine Katastrophe für das Ansehen einer Freiwilligen Feuerwehr. Es vergeht kein Jahr, in dem die Medien nicht von Feuerwehrmännern berichten, die Brände legten statt sie nur zu löschen. Wie sind solche Taten motiviert? Wie viele der aufgeklärten Brandstiftungen gehen auf das Konto der Brandschützer? Und vor allem: was können die Feuerwehren tun, um Brandstifter in den eigenen Reihen auszuschließen?

Brennende Leidenschaft - wenn Feuerwehrmänner zündeln

Mosbach 2003, es ist Sommer in der baden-württembergischen Kleinstadt, der Sommer des Feuerteufels. Er zündet Heuballen, Strohlager und Scheunen an. Mehrmals am Tag muss die Feuerwehr ausrücken. Auch dass in unmittelbarer Nähe der Brandorte Menschen wohnen, hält den Unbekannten nicht von seinen Taten ab. Die Angst geht um im Neckar-Odenwaldkreis.

Angst, Erleichterung und ... Schock

Groß ist die Erleichterung, als der Täter nach zehn Tagen gefasst wird und sein Spiel mit dem Feuer endlich zu Ende ist. Dann der Schreck für die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr: der Feuerteufel war einer von ihnen, war selbst Mitglied der örtlichen Wehr. Damit hätte hier niemand gerechnet. Auch heute noch sitzt der Schock tief.

Steffen H., vormals auch Mitglied der Jugendfeuerwehr, wird zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der 19-jährige, dem der Gutachter im Prozess ein kindliches Gemüt bescheinigte, hatte die Brände gelegt, weil er endlich selbst löschen wollte, statt immer nur Schläuche auszurollen - wollte Retter sein, statt in der zweiten Reihe zu stehen. Steffen H. suchte nach Anerkennung.

Mosbach ist kein Einzelfall

Im Herbst 2003 zündelt ein Feuerwehrmann aus Jülich. Aus Geltungssucht, weil er mit seinem Leben nicht mehr klar kam: kein Job, keine Freundin, Alkoholprobleme. Schließlich legt er ein ganzes Haus in Schutt und Asche, sechs Menschen sterben. Der Feuerwehrmann wird wegen Brandstiftung und Mord zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Motiv: Suche nach Anerkennung?

In Köln Esch gingen dreizehn Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr ihrer brennenden Leidenschaft nach: Über zehn Jahre hinweg legten sie Feuer, rasten anschließend mit ihren Kameraden zur Einsatzstelle. Immer auf der Suche nach Anerkennung, um zu zeigen, dass sie gute Feuerwehrmänner sind. Im April 2001 ging vor dem Kölner Landgericht einer der größten Brandstifterprozesse zu Ende. Die Feuerwehrkameraden der Verurteilten hatten von den Brandstiftungen nichts mitbekommen.

Vorsätzlich gelegte Feuer sind schwierig aufzuklären

Brände, die durch Unachtsamkeit, brennende Kerzen, Rauchen im Bett, entstehen, werden meist aufgeklärt. Die Aufklärungsquote bei vorsätzlich gelegten Feuern ist viel niedriger. Um dies zu ändern, begann Harry Jäkel vom Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg, Ermittlungsakten auszuwerten. Durch den Aufbau einer Computerdatei sollen Brandserien verhindert werden. Im Zusammenschluss mit der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg wurde eine Datenbank mit Täterprofilen von Brandstiftern erstellt. "Die Datenbank ist ein Hilfsmittel, Ermittlungsarbeit zu erleichtern", erklärt Jäkel.

Harry Jäkel schätzt, dass etwa 10 Prozent der vorsätzlichen Brände von Feuerwehrmännern gelegt wurden. Auffällig waren in der Untersuchung des LKA ferner das geringe Durchschnittsalter von 19,7 Jahren und der sehr hohe Anteil von Mehrfachbrandstiftungen. Allerdings gibt es zum Phänomen Brandstiftung durch Angehörige der Feuerwehr bisher keinerlei umfassenden wissenschaftlichen Untersuchungen in Deutschland. Auch in der einschlägigen Fachliteratur zur Kriminologie kommt das Thema nur am Rande vor.

Löschen, um ein Held zu sein

Für den Kriminaloberkommissar vom Landeskriminalamt ist wichtig, dass Brandstifter von Pyromanen unterschieden werden. Pyromanie ist die Sucht nach Feuer, die Befriedigung liegt im Feuer selbst. Vor den lodernden Flammen schlägt die eigene Frustration in das Gefühl um, etwas Großes zu erleben.

Die Täter aus den Reihen der Feuerwehr allerdings sind meistens Brandstifter. Für sie ist das Feuer nur Mittel zum Zweck, um sich bei den Kameraden zu profilieren.

Macht die Feuerwehr ihre Mitglieder zu Brandstiftern?

"Nein", meint Albrecht Broemme, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes und Landesbranddirektor in Berlin. "Zwar gibt es auch hier und da Brandstiftungen, die aus Langeweile und geringen Einsatzzahlen resultieren, aber wenn Jugendliche und Erwachsene Brandstiftungen begehen, liegen überwiegend Entwicklungsstörungen oder kriminelle Energie vor." Zu berücksichtigen sei auch, dass es in allen Bevölkerungsgruppen Abweichler, "schwarze Schafe", also Menschen mit Besonderheiten gebe, die sich vom Durchschnitt der "normalen Gruppe" unterscheiden.

Aber: "Man muss wachsam sein, gerade die Führungskräfte sollten auf Auffälligkeiten achten. Wechselt ein Feuerwehrmann beispielsweise von einer Freiwilligen Feuerwehr zur anderen, sollte man immer nach den Gründen fragen."

Brandstifter sind keine Pyromanen

Gänzlich ausschließen kann man das Phänomen auf diesem Wege aber nicht. So war Steffen H. aus Mosbach bis zu seinen Taten nie auffällig geworden, im Gegenteil. "Alle ihm übertragenen Aufgaben hatte er zuverlässig erledigt", berichten die ehemaligen Feuerwehrkollegen heute.

"Sobald ein Brandstiftungsverdacht ''''gerichtsfest'''' ist, muss der Ausschluss des Betroffenen aus der Feuerwehr erfolgen", rät Broemme weiter.

Demnächst kehrt Steffen H. aus der Haftanstalt nach Mosbach zurück. Auch wenn man sich in seiner Heimatstadt nicht von ihm abkehren will und ihm die Widereingliederung wünscht - eine Rückkehr in die Feuerwehr ist ausgeschlossen.

   
© www.rlst.de

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.